
Drahtlose Strahlung könnte dazu verwendet werden, Menschen ohne ihr Wissen zu überwachen, selbst wenn sie kein «intelligentes» Gerät oder Mobiltelefon tragen. Kritiker warnen, dass diese Technologie zwar noch nicht in die aktuellen Mobilfunknetze integriert wurde, aber für 6G-Mobilfunk in Planung ist.
gefunden auf Transition news vom 07.02.2025
Drahtlose Strahlung könnte bald dazu verwendet werden, Menschen ohne ihr Wissen oder ihre Zustimmung zu überwachen, selbst wenn sie kein «intelligentes» Gerät tragen oder ein Mobiltelefon in der Hand halten. Dies belegt eine neue Studie der Universität Porto in Portugal. Deren Autoren, Mitglieder der Fakultät für Ingenieurwissenschaften am Institut für System- und Computertechnik, Technologie und Wissenschaft, veröffentlichten ihren Bericht auf der frei zugänglichen Forschungswebsite der Cornell University, arXiv.
Wie The Defender mitteilt, haben die Ingenieure dort eine Hardware vorgestellt, die drahtlose Hochfrequenzstrahlung aus der Umgebung nutzt, um mit einer Genauigkeit von über 90 Prozent ein visuelles Bild menschlicher Aktivitäten – wie zum Beispiel das Winken einer Hand oder die Atemfrequenz einer Person – zu erkennen und darzustellen. Ihr Entwurf umfasst eine dünne programmierbare Oberfläche, eine rekonfigurierbare intelligente Oberfläche (RIS), die mit Computern und künstlicher Intelligenz (KI) kommuniziert.
«RIS kann Wi-Fi-Signale auf kontrollierte Weise manipulieren und lenken. Indem sie die Reflexion der Funkwellen an dieser Oberfläche anpassen, konnten die Forscher die Signalempfindlichkeit erhöhen und ihre Fähigkeit verbessern, subtile menschliche Bewegungen zu erkennen», erläutert Fariha Husain, Leiterin des Programms für elektromagnetische Strahlung (EMR) und drahtlose Kommunikation von Children’s Health Defense (CHD).
Husain zufolge können RIS-Panels strategisch platziert werden, um die Reflexion und Lenkung von Funksignalen zu optimieren, und sie können jede beliebige Form annehmen oder in Objekte integriert werden. In Innenräumen können sie an Wänden, Decken oder Möbeln angebracht werden, im Außenbereich und in städtischen Gebieten an Büros, Flughäfen, Einkaufszentren, Laternenpfählen und Werbetafeln. Ausserdem ermöglichen RIS-Panels eine intelligente Stadtüberwachung, indem sie Fussgänger- und Fahrzeugbewegungen verfolgen.
Laut W. Scott McCollough, leitender Prozessanwalt für die EMR- und Wireless-Fälle von CHD, ist RIS zwar noch nicht in die aktuellen Mobilfunknetze integriert, aber für 6G in Planung.
«Künftige 6G-Netze werden RIS-Funktionalität eingebaut haben, und es würde mich nicht überraschen, wenn sie RIS nicht auch in die künftigen 5G-Updates implementieren», betont der Jurist.
Befürworter von RIS behaupten, die Technologie werde bei der Automatisierung und Überwachung von Patienten im Gesundheitswesen helfen. McCollough warnt dagegen: «In mehreren Berichten der Industrie und der Regierung über 6G heisst es, dass sie diese Fähigkeiten für die Überwachung nutzen wollen.»
Husain befürchtet «gefährliche Auswirkungen auf die Massenüberwachung, den Schutz der Privatsphäre und die Datensicherheit». McCullough weist darauf hin, dass die Autoren der Studie Ingenieure und keine Ethiker seien. «Ihr Job ist es, herauszufinden, wie man Dinge zum Laufen bringt, meist ohne viel über die ethischen Implikationen der Maschinen nachzudenken, die sie bauen.»
Dass HF-Strahlung durch RIS-Technologie zur Überwachung von Menschen verwendet werden kann, sei nicht neu, betont McCollough. Laut Husain ähnelt die Technologie, die dem Entwurf der Studienautoren zugrunde liegt, der Origin AI-Technologie, die bereits auf dem Markt ist. Origin ist eine kommerzielle Wi-Fi-Sensortechnologie, die vom ehemaligen Auftragnehmer der Defense Advanced Research Projects Agency (DARPA), Ray Liu, entwickelt wurde und Bewegungen mit einer Genauigkeit von über 90 Prozent lokalisieren und sogar Atemmuster erfassen kann.
Das Unternehmen Origin AI wirbt damit, dass seine Technologie «Ihr Zuhause intelligenter, sicherer und geschützter macht». Auf seiner Website heisst es: «Mit Origin AI (…) verwandelt Ihr ISP [Internet-Service-Provider] oder Ihr Sicherheitsunternehmen intelligente Geräte in fortschrittliche virtuelle Sensoren und schafft so ein intelligentes Heim-Ökosystem, das Sicherheit, Konnektivität und Komfort verbessert.» In einem Interview aus dem Jahr 2022 erklärte Liu die Entwicklung der Technologie:
«Zuerst erkannten wir, dass wir eine präzise Positionierung in Innenräumen durchführen können, dann stellten wir fest, dass wir erkennen können, ob eine Tür geschlossen oder geöffnet ist. Bald darauf fanden wir heraus, dass wir eine Person durch die Wand hindurch erfassen können, indem wir die weltweit erste Funk-Biometrie einführten. Von da an wurden die Anwendungen immer vielfältiger – wir konnten die Atmung erfassen, den Schlaf überwachen, einen Sturz erkennen, Gangmuster erkennen und sogar Geräusche ohne Mikrofon aufnehmen.»
The Defender hat die portugiesischen Studienautoren um eine Stellungnahme zu den Auswirkungen ihrer Forschung auf die Privatsphäre gebeten, aber bislang keine Antwort erhalten.
Quelle:
Cornell University: Human Activity Recognition with a 6.5 GHz Reconfigurable Intelligent Surface for Wi-Fi 6E – 24. Januar 2025
The Defender: Wi-Fi, Cell Towers May Soon Be Spying on You Without Your Consent – 4. Februar 2025
gefunden auf Transition news vom 07.02.2025